Dienstag, 18. September 2012

Liebes Universum,


Du wunderst Dich vermutlich, warum mein ökologischer Fußabdruck in den letzten zwei Wochen explodiert ist und ich mit Riesenquadratlatschen die Umwelt verpeste. Die Antwort ist einfach: Ich bin den USA. Und weil ich hier nur zu Besuch bin, kann ich mich nicht so einrichten, wie ich es gern möchte.
Zunächst der Transport: Flugzeuge haben mich und mein Gepäck über mehr als 8200 Kilometer hierher gebracht und werden mich hoffentlich die über 8500 Kilometer wieder heil nach Hause bringen. Dabei senden sie unglaubliche Mengen an Abgasen direkt in den verwundbaren Himmel. Zum Glück kommt das in meinem Fall inzwischen sehr selten vor und bei der nächsten Honorarzahlung werde ich mit einer Spende um Wiedergutmachung bitten. 
Dann habe ich einen kleinen Mietwagen, der nicht jeden Tag zum Einsatz kommt, weil ich mich bei vielen netten Menschen aufhalte, aber dafür legt er beachtliche Strecken zurück (mittlerweile ca. 1000 Meilen). Leider ist dieser essentiell, weil ich sonst in einem Maße auf die Fahrdienste Anderer angewiesen wäre, wie sie vielleicht berühmten Schriftstellern zuteil werden. Das mit dem vegetarischen Essen darf ich für die Zeit hier auch nicht so eng sehen und so werden die Flugzeuge schwerer an mir zurücktragen und unzählige Tiere, vor allem Rinder, werden für mich ihr Leben gelassen haben, natürlich nicht, ohne vorher jede Mengen Methan in die Atmosphäre auszustoßen. (Der Verzicht auf Fleisch und Milchprodukte, so habe ich kürzlich in der Sendung Freakonomics auf NPR gehört-hier, ist der sicherste Weg sich umweltverträglich zu ernähren. Läuft leider nicht auf NPRBerlin.)
Und dann der Müll: Was auf dem Flug schon an Wegwerfbechern und -besteck und Verpackungen verbraucht wurde, obwohl es angeblich recycelt wird! Hier wird in all den Coffeeshops nur noch in Pappbechern, -tellern und Papiertüten serviert und wenn ich um Leitungswasser bitte, bekomme ich es in einem dünnen, durchsichtigen Becher, der schon bei der zweiten Verwendung unerträglich nach Plaste schmeckt. Wenigstens die Strohhalme lasse ich jetzt weg.
Dann wäre da noch die Klimaanlage, die ständig läuft und für mich meist viel zu kalt eingestellt ist. Am Sonntag auf einer Lesung in der Baton Rouge Gallery war sie auf 71 Grad Fahrenheit (ca. 22°) gestellt, bei 96 Grad (ca. 36°) draußen! Jetzt sitze ich ganz unventiliert auf einer gazeumzäunten Veranda und schon nach nur ein paar Tagen in Louisiana ist mir, als würde ich irgendwie frisch leuchten. Nicht wegen, sondern trotz der Klimaanlage...
Ich gebe zu, dass es insgeheim auch einen gewissen Reiz hat, so sorglos und im Überfluss zu verschwenden wie die meisten Amerikaner. Aber schon nächste Woche, liebes Universum, werde ich wieder brav einsparen und recyceln, werde radeln, laufen, zur Bahn rennen und mit ihr fahren, und werde unzähligen Tieren ihr Leben lassen. Bis dann!

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