Montag, 3. September 2012

James Bond in New Orleans

Auf meine Frage, was man denn in England so mit New Orleans assoziiert, wurde ich letztens auf diesen James-Bond-Film verwiesen: Leben und sterben lassen von 1973. Es war der erste mit Roger Moore, und darin erklingt der gleichnamige Titel von Paul McCartney und den Wings (Live and Let Die).
Am Anfang stehen drei Morde. Der erste findet bei den Vereinten Nationen in New York statt, als in der Kabine des auf seine Arbeit konzentrierten Simultandolmetschers (wie selten sieht man das im Film!) jemand eine Art Giftgas in die Tonleitung einfüllt. Der zweite erfolgt recht pittoresk im French Quarter in New Orleans während einer Jazzbeerdigung. Pittoresk ist das auch wegen der tollen 70er-Jahre-Kleidung und der Frisuren (Afros!), die die (durchweg schwarzen) Beteiligten tragen, und etwas später findet ein identischer Mord noch einmal statt. (Den ersten sieht man hier.) Der dritte Mord geschieht während einer wilden Voodoozeremonie, wo das Opfer auf der imaginären Karibikinsel San Monique an eine Art Totempfahl gefesselt ist und mit einer Schlange vergiftet wird.
Bond ist einem Doktor Kananga auf der Spur, eben in New York (Harlem), San Monique und New Orleans. Wieder einmal geht alles sehr schnell und rasant zu, und ich habe erst nach einer Weile verstanden, dass Doktor Kananga etwas mit Drogen zu tun hat. Ihm zur Seite steht sein Tarotkarten legendes Medium Solitaire (Jane Seymore), die, wir ahnen es, jung und scheu wie sie ist, natürlich das Bondgirl wird.
Bei der wilden Jagd bleiben wie gehabt einige Menschen auf der Strecke; auch für Bond sieht es einige Male nicht gut aus, aber er natürlich windet er sich elegant immer wieder heraus. Als er in New Orleans an dem damals winzigen Flughafen ankommt (der noch heute ungefähr die Größe von Berlin-Tegel hat), wird er zum Beispiel gleich entführt und auf eine Alligatorfarm gebracht, wo er den Tieren zum Fraß vorgeworfen wird. Dann kommt es zu einer endlosen Verfolgungsjagd mit Wasserbooten durch die Bayous von Louisiana (mit einigen verdächtig europäischen Landschaftszenen gemischt), wobei die Boote übereinander und über eine Landzunge hinweg springen, während ein hinterwäldlerischer Sheriff dazwischen herumfuchtelt. Ethnologisch und kulturwissenschaftlich gesehen ist das durchaus interessant, aber dann doch etwas zu lang für mich, so dass mir zwischendurch einige Zusammenhänge entgangen sind.
Beeindruckend und rein optisch sehr ungewöhnlich ist, wie viele Schwarze in dem Film mitspielen. Allerdings sind sie fast durchweg grausam und hinterhältig und stecken mit Doktor Kananga, auch schwarz, unter einer Decke. Dabei tauchen dieselben zwielichtigen Figuren in Harlem, San Monique und New Orleans auf und immer gibt es da eine Verbindung mit Voodoo. Kritiker haben auf diese klischeehafte Darstellung von Schwarzen als einer Verschwörung bösartiger Drogendealer hingewiesen.
Nach jahrzehntelanger Bond-Abstinenz fand ich James' Beziehung zum schönen Geschlecht, bzw. die der Frauen zu ihm, schwer erträglich. Die blutjunge Jane Seymore ist nämlich von dem leicht angeschwabbelten, weil fast doppelt so alten, Roger Moore sofort sexuell in den Bann geschlagen und will unbedingt ihre Jungfräulichkeit an ihn verlieren! Danach ist sie für Kananga als Tarot legendes Medium aber unbrauchbar! Dabei hat Bond sie herumbekommen, indem er sie aus einem gezinkten Blatt (mit lauter identischen Karten) die Die Liebenden-Karte ziehen lässt und brüstet sich dann noch mit diesem billigen Trick!
Einige niedliche Technikspielzeuge gibt es auch, aber insgesamt wollte sich, trotz Louisiana als Schauplatz, bei mir nicht so das rechte Bond-Gefühl von früher einstellen. Gut, ich bin älter geworden. Oder es liegt an meinem kleinen Laptopbildschirm. Aber eines ist nach wie vor ein Knüller: die James-Bond-Titelmelodie, die ich erst gestern live von der Schülerbigband des Arndt-Gymnasiums in Dahlem gehört habe -- zeitlos, mit Pathos und Energie, unschlagbar und immer wieder gut.

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