Mittwoch, 15. August 2012

Jeff, der noch zu Hause lebt

Diesen Film habe ich auf Empfehlung eines Lesers gesehen (Dankeschön!), eine Independentkomödie der Brüder Jay und Mark Duplass aus New Orleans (Webseite hier). Es geht um zwei ungleiche Brüder, die beide ihr Leben nicht so recht im Griff haben, wenn auch auf sehr unterschiedliche Weise. Der genannte Jeff ist 30 und wohnt bei seiner Mutter, wo er die Tage im Keller verbringt und auf ein kosmisches Zeichen wartet, dass ihm zeigt, wohin sein Leben gehen soll. Der andere, Pat, klopft gern Sprüche und glaubt, alles im Griff zu haben und durch den Spontankauf eines silbernen Porsches zum Beispiel seine Ehe zu pflegen. Eine halbe Stunde später ist der Porsche jedoch im Eimer und seine Ehe beinahe auch. Währenddessen ist Jeff unterwegs, eigentlich um für seine Mutter etwas zu besorgen, aber als er den verschiedenen Zeichen folgt, wird er ausgeraubt und trifft dann immer wieder auf seinen Bruder. Pat und seine Frau treffen sich jeweils mit einem Freund zum Mittagessen, um sich über ihre Ehe zu beklagen. Die Mutter der beiden, Susan Sarandon, die seit dem Tod ihres Mannes allein ist, hat indessen im Großraumbüro so eine Art Verehrer.
Das Ganze ist ganz witzig, zum Teil auch ein bisschen albern, aber sehr sympathisch. Mir standen auch ein paar Tränen in den Augen, denn es geht doch um den Sinn des Lebens und von Beziehungen. Gedreht wurde der Film in New Orleans bzw. dem Vorort Metairie, soll aber das eher zersiedelte Baton Rouge darstellen, und so sehen wir Tankstellen, Townhouses, Hooter’s Restaurants, Vorgärten, Telefonzellen, wie es sie überall in den USA gibt. Und doch habe ich viele der Straßen wiedererkannt und an der einen hatten sie einen knallroten Aufsteller für den Advocate, die Lokalzeitung von Baton Rouge, hinter dem sich Pat versteckt.
Die Showdown-Sequenz kurz vor Schluss, in der die Familie in einem dramatischen Un-/Zwischenfall wieder zueinander findet, spielt auf der langen Brücke der Autobahn I-10 zwischen LaPlace und Kenner, die viele viele Minuten lang über Sümpfe und Wasser hinweg führt und über die ich im Herbst 1990 zum ersten Mal nach New Orleans kam, übernächtigt und verschlafen in einem eisgekühlten Greyhoundbus. Wenn ich demnächst wieder dort im Stau stehe oder, wie alle anderen auch, in die Stadt brettere, werde ich es sicher mit anderen Augen tun.
Wie der Titel es schon andeutet, ist der Film kein feinziseliertes und durchkomponiertes Kammerspiel, sondern eher mit den Händen in den Taschen und Zigarette im Mundwinkel gedreht. Durchaus sehenswert, auch wenn er sich bestimmt nicht lange in den deutschen Kinos hält.
Das einzige wirkliche Problem benennt ein Leserkommentar zu dem Artikel in der Times Picayune„He lives in the basement? But New Orleans homes don't have basements. Maybe it should be, Jeff, Wo Lives Under the House.
--Er wohnt im Keller? Aber die Häuser in New Orleans (und übrigens auch in Baton Rouge) haben keine Keller. Vielleicht sollte es besser heißen: Jeff, der noch unter dem Haus wohnt.

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