Donnerstag, 19. April 2012

Kate Chopin: Ein zweites Erwachen

Gerade habe ich die Diane-Rehm-Show auf NPR gehört, die hier in Berlin einen Tag später ausgestrahlt wird. Im „Reader's Review“ (Leserkritik) für April ging es um Kate Chopins Roman The Awakening, dessen deutsche Ausgabe Das Erwachen ich hier kürzlich besprochen habe (mit Glossar).
Es war eine Diskussionssendung mit drei Gästen und Anruferkommentaren. Einige hielten die Hauptfigur für egoistisch und deshalb unsympathisch oder auch verwöhnt, was ich auch nachvollziehen kann, aber darauf zurückführe, dass man, wenn man vielleicht selbst sehr diszipliniert ist und nie ausbricht, den anderen ihren Egoismus auch nicht gönnen kann. Überrascht war ich, dass manche Edna Pontellier als depressiv bzw. manisch-depressiv einordneten und sie damit, finde ich, abtun oder in ihrer Aussagekraft entwerten. Eine andere Diskutantin fand die kreolisch-französische Kultur als korrupt dargestellt. Ein Anrufer, Hausmann und zu Hause erziehender Vater, konnte sich mit der Isolation der Heldin identifizieren und fühlt sich nicht nur zu Hause isoliert, sondern auch als einziger Mann unter Müttern. („Ein zweites Erwachen“ fände hier statt, meinte jemand.)
So habe ich beim Geranieneinpflanzen das Buch noch einmal fast eine Stunde lang aus verschiedenen Perspektiven Revue passieren lassen. Und erlebt, wie Das Erwachen auch heute noch frisch ist, wie es die Gemüter immer noch berührt und bewegt. Anhören.
Im Central West End von St. Louis, einer kleinen alternativen Einkaufs- und Kneipengegend unweit der Washington University, ist jetzt übrigens eine Büste für die Autorin Kate Chopin eingeweiht worden. Kate Chopin stammte aus St. Louis und nach ihren Jahren in Louisiana, die ihr den Stoff für ihr Schreiben lieferten, lebte sie wieder dort, wurde Schriftstellerin und führte einen Salon. Ihre Büste gesellt sich jetzt zu denen von T.S. Eliot und Tennessee Williams, die auch u.a. in St. Louis aufwuchsen.

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