Freitag, 18. November 2011

Die Digedags in New Orleans

Ich war dieser Tage zu Besuch im Südlouisiana meiner Kindheit. Wie die meisten normalen Menschen in der DDR konnte ich natürlich bis zur Wende nicht in den Westen reisen. Ich hatte zwar schon damals meinen Onkel in Amerika und amerikanische Mal- und Märchenbücher, die ich nicht lesen konnte, und Farbfotos mit lächelnden Cousins und Cousinen auf Pferden, mit Autos, in Fantasieuniformen, echt amerikanisch eben. Aber die leben alle in St. Louis, Missouri, ca. 11 Autostunden von New Orleans.
Dass mich eine tiefe Sehnsucht nach New Orleans und Louisiana erfüllte, die später in wahre Liebe umschlagen sollte, das kommt sicher von den Digedags. Wir hatten nämlich ein Abonnement der Comic-Zeitschrift Mosaik. Und im Mosaik reisten die Digedags, die unzertrennlichen Koboldbrüder Dig, Dag und Digedag, ins Weltall, in den Orient, ins Mittelalter, und schließlich in die USA des 19. Jahrhunderts und erlebten die tollsten Abenteuer. Sprachlich vielleicht etwas hölzern, ohne Sprechblasen und Lautmalereien, aber die Handlung ist spannend und ungemein lehrreich. In den USA waren die Digedags Reporter und hatten Gold gefunden, dass sie nach New Orleans bringen und zur Befreiung von Sklaven (die damals noch Neger hießen) einsetzen wollten. Die Figuren und Orte haben amerikanisch anmutende Namen (Jeremy Joker, Turtleville); die Kostüme entsprechen der Zeit, man fährt Schaufelraddampfer und die Häuser sehen anders aus als bei uns. Aber sie sehen auch anders aus als dort, und wenn es immer wieder am Mississippi spielt, sieht das alles in Weitwinkeleinstellungen doch wie ein kleines europäisches Legoland aus und nicht wild und ungestüm, wie die Natur in den USA und vielleicht besonders im Süden ist. Ein imaginäres Louisiana eben, wie so oft. Nebenbei lernt man etwas Geschichte—der Sklavenexpress, die damaligen Bundesstaaten, der anstehende Bürgerkrieg... Natürlich waren die Digedags immer auf der Seite der Guten und Schwachen, und ihre Gegenspieler trugen schwarz und sahen böse aus (Mr. Coffins!).
Irgendwann gab es die Digedags nicht mehr und dafür kamen die Abrafaxe, aber das war einfach nicht dasselbe. Jetzt gibt es das Mosaik wieder und immer noch in Büchern zusammengefasst, so wie diesen Band Die Digedags in New Orleans. Inzwischen gibt es auch eine Mosapedia, die auch eine tolle Wissensquelle ist. 
Wie immer ging auch in New Orleans im Mosaik alles gut aus, die Guten haben gesiegt und ich bin beruhigt wieder nach Berlin zurückgekehrt. Doch die nächsten Abenteuer kommen bestimmt.

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